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Huldigung an den Sonnenkönig: Herrenchiemsee

Chiemsee Schloß

»Ein Tempel des Ruhmes« (Ludwig II. über das »Chiemsee Schloß«)

Augustinerchorherren waren fast sieben Jahrhunderte lang die Bewohner und Eigner der Insel Herrenchiemsee gewesen. Dann vertrieb sie die Säkularisation, ein Münchner Großhändler funktionierte den Inseldom zu einem Brauhaus um, und nach dem Krieg 1870/71 und weiteren Besitzwechseln begann ein schwäbisches Holzhändlerkonsortium mit dem Abholzen des jahrhundertealten Baumbestandes. Das war eine Umweltsünde, auch wenn es das Wort noch nicht gab, und von den empörten Chiemseefischern wurde König Ludwig II. um Hilfe angerufen. Der König kaufte kurzerhand, mit telegraphischem Auftrag, die Insel – und besaß damit den Baugrund für seinen aufwendigsten Bauplan.

Schon im Graswangtal bei Ettal hatte Ludwig II. seit 1868 seine Projekte für das »Königshäuschen«, das spätere Schloß Linderhof, nach dem Leitbild des Sonnenkönigs entworfen. Ludwigs XIV. Riesenbau von Versailles im vergleichsweise engen Graswangtal zu kopieren, verbot sich aus Platzgründen. Was aber dort nicht möglich war, konnte auf Herrenchiemsee gelingen, samt Kanälen und Fontänen wie in Versailles?

Sieben Jahre wurde gebaut, von 1878 bis zum Abbruch der Arbeiten wegen akuten Geldmangels 1885. Nur zwei Besuchern war während dieser Zeit ein mehrtägiger Besuch auf der Insel samt Besichtigung gestattet, dem Vetter Prinz Ludwig Ferdinand und seiner Frau Maria de la Paz, und zwar unter dem Siegel absoluter Verschwiegenheit gegenüber allen anderen Familienmitgliedern. Ludwig selbst nahm sich seit 1881 alljährlich mindestens einmal im Herbst eine gute Woche oder zehn Tage Zeit für Herrenchiemsee und die Inspizierung der Bauarbeiten. In den ersten beiden Jahren wohnte er im sogenannten Alten Schloß, einem Klostergebäude, später hatte er ein 90 Quadratmeter großes Schlafzimmer im Schloß Herrenchiemsee.

Beim Rundgang darf man dieses Schlafzimmer nicht verwechseln mit dem nie benutzten Paradeschlafraum in der Mitte des Schlosses. Herrenchiemsee sollte das größtmögliche aller vorstellbaren Denkmäler für Ludwig XIV. und die Idee der Monarchie werden. So ist die Gartenfassade von Versailles nahezu identisch mit der von Ludwigs II. Schloß. Doch der Bayernkönig wollte insgesamt keine modellgenaue Kopie, sondern ein Idealschloß. Die »Gesandtentreppe« in Herrenchiemsee erneuert die in Versailles schon 1752 abgerissene »Escalier des Ambassadeurs«, und Ludwigs I. Spiegelgalerie ist sogar noch länger, noch üppiger als jene in Versailles.